18-19, 3BKGD3, Allgemein, Schriftgrafik, Typografie

Die eigene Schriftart – von der Skizze bis zur OpenType-Datei

Die Schüler des 3BKGD3 haben im letzten Schuljahr eine eigene Schrift entwickelt. Die Ergebnisse können sich sehen lassen.

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Die eigene Schriftart –
von der Skizze bis zur OpenType-Datei

Im Fach Schriftgrafik werden sehr viele Arbeiten von Hand ausgeführt. Darunter sind kalligrafische Arbeiten, Arbeiten mit der Feder oder dem Gänsekiel, experimentelles Arbeiten mit Buchstaben und Wörter und vieles mehr.

Dabei wird nicht nur das Gefühl für unterschiedliche Schriftklassen, Schriftschnitte, Buchstaben und damit Schriftwirkung geschult, sondern auch die objektiven Beurteilungskriterien für Schrift vermittelt. Diese Kriterien sind notwendig, um aus den vielen tausend Schriftarten eine geeignete Schrift für das jeweilige Projekt oder den jeweiligen Auftrag auszuwählen.

Aufgabe: Schriftentwurf, Digitalisierung und Erstellung einer funktionierenden OpenType-Schriftdatei

Der erste Aufgabenteil lautete: Entwerfen Sie einen Display Font*.

*Display Font = Schriftart für Anzeigen; Anzeigeschrift; diese Art von Schrift wird überwiegend über Überschriften oder ähnliches eingesetzt und ist explizit nicht für große Textmengen geeignet. Bei dieser Schriftart kann man durchaus kreativer sein, da die Lesbarkeit nicht den hohen Stellenwert einnimmt wie bei einer Schrift für Mengentext. …mehr dazu im Typolexikon.

Im ersten Schritt sollten Ideen gesammelt werden. Wie soll die Schrift aussehen? In dieser anfänglichen Phase wird vor allen Dingen der Schriftcharakter bestimmt. Um sich besser vorstellen zu können, wie die einzelnen Buchstaben später aussehen werden, skizziert man zunächst die Zeichen, auf deren Grundformen sich leicht weitere Zeichen ableiten lassen. Bei den Minuskeln (Kleinbuchstaben) sind das o, v und n. Vom kleinen v lassen sich w, x und y ableiten. Das kleine n ist Basis für m, u, i, l, und h, usw.

Das bedeutet, dass die Reihenfolge der zu entwerfenden Buchstaben nicht beliebig ist! Eine absolute Empfehlung zu den Grundlagen der Schriftentwicklung ist das Buch Buchstaben im Kopf von Antonia M. Cornelius.

Zweiter Schritt: alle Buchstaben und Satzzeichen entwerfen

Auf der gegebenen Vorlage wurden nun alle Minuskeln, alle Majuskeln (Großbuchstaben) und einige Satzzeichen als Teil der Interpunktionszeichen entworfen. Zunächst eher grob und in weiteren Bearbeitungsdurchgängen immer präziser. Insbesondere die Beibehaltung des Charakters von Zeichen zu Zeichen musste beachtet werden, der sich durch folgende Punkte ergibt:

  • Höhe und Breite des Buchstabens
  • Strickstärke von Grund- und Haarstrichen
  • Neigungsgrad der Achsen
  • Serifenform
  • Duktus

Hierbei konnte man besonders erkennen, wie wichtig es war die Reihenfolge der Gestaltung und die elementaren Zeichen auf denen andere Zeichen basieren zu beachten!

Dritter Schritt: Digitalisierung des Schriftentwurfs

Nachdem der analoge Entwurf fertig war, folgte als nächster Schritt die Digitalisierung. Dafür wurden die Entwürfe, die auf DIN A3-Vorlagen-Blätter (blanko Blätter mit Punktraster und Hilfslinien) erstellt wurden eingescannt. Anschließend wurden die Scans im Bildbearbeitungsprogramm (Adobe Photoshop) so bearbeitet, dass möglichst wenige Grautöne übrig blieben, dafür aber entsprechend viel Weiß und Schwarz.

Die so vorbereiteten Pixelbilder wurden dann zur Vektorisierung im Vektorgrafik-Programm (Adobe Illustrator) platziert. Je nach Vorlage gab es unterschiedliche Vorgehensweisen. Entweder wurde die automatische Nachzeichen-Funktion genutzt, um dann die Buchstaben fein nachzuarbeiten oder es wurden wieder die Basiszeichen mit Pfadwerkzeug nachgebaut und die Grundelemente für weitere Zeichen modifiziert.

Am Ende dieses Bearbeitungsschrittes stand dann eine Vektordatei, die in digitaler Form alle zuvor analog entworfenen Buchstaben enthielt.

Letzter Schritt: Erstellung einer OpenType-Schriftdatei

Es ist schön eine eigene Schrift zu entwerfen. Noch schöner ist es, die selbst entworfene Schrift auch digital verwenden zu können. Dazu wurde ein kleines Zusatzprogramm / Plug-In verwendet, das den Funktionsumfang des Vektorgrafik-Programms erweitert. Das von uns verwendete Adobe Illustrator Plug-In heißt Fontself. Es gibt aber auch andere Lösungen, wie Glyphs oder natürlich die Profi-Anwendung Fontlab.

Nach dem einfachen Import in das Plug-In, kann das Ergebnis einfach per Knopfdruck als OpenType-Schriftdatei exportiert und damit auch abgespeichert werden. Dabei besteht aber auch die Möglichkeit die Dickte, die Grundlinie und vieles mehr einzustellen, anzupassen oder zu optimieren. Es wird im Hintergrund auch automatisch eine Kerning-Tabelle erstellt, diese muss aber in jedem Fall kontrolliert und optimiert werden. Diese Feinabstimmung zum Schluss nimmt sehr viel Zeit in Anspruch. Spätestens hier kommt dann die Erkenntnis, warum eine Schriftart mit vielen Schnitten und Glyphen auch (viel) Geld kostet 😉

Links und Downloads

– in Kürze werden hier Links zu den erstellten Dateien oder der direkte Download angeboten –

Tutorials und Infos:

Fontself Guides & Tutorials

How to Create Your First Font from Scratch: A Step by Step Guide